Was ist Gewaltfreie Kommunikation?
Die grundlegende Absicht der gewaltfreien Kommunikation ist die Schaffung einer bestimmten Verbindung mit uns selbst und anderen Menschen, die es uns ermöglicht, im empathischen Kontakt miteinander zu sein. So dass wir einander vom Herzen geben können, ohne Angst vor Strafe, um Liebe zu erkaufen, aus Schuld- oder Schamgefühlen, sondern in einem Zustand der Berührung.
Man könnte im Grunde genommen also auch schlicht von „Kommunikation“ sprechen, deren Ziel, der wechselseitige Austausch und Verbindung miteinander, ist. Der Zusatz gewaltfrei dient lediglich der Verdeutlichung, dass Gewalt nicht erst beginnt, wenn ich jemanden verbal oder tätlich attackiere. Sondern in dem Moment, wo ich den anderen (wie lieb und nett auch immer) zwinge, das zu tun, was ich von ihm erwarte. Mit den gängigen gesellschaftlichen Manipulationsmitteln wie Erzeugung von Schuld- und Schamgefühlen sowie den Einsatz von Strafe und Lob.
Gewaltfreiheit in diesem Sinne beinhaltet also eine grundlegende Transformation unseres Denkens. Denn solange wir der Überzeugung sind, dass es ein allgemeingültiges richtig und falsch gibt und damit gute und böse Menschen, die es verdienen bestraft oder belohnt zu werden, ist so eine empathische Verbindung nicht möglich. Dann verurteile ich meinen Mann dafür, dass er kalt ist wie ein Eisschrank, meine Tochter, dass sie faul ist und mich selbst dafür dass, ich so zickig bin. Mit dem Ergebnis dass mein Mann sich schuldig fühlt, meine Tochter rebelliert und ich mich selbst schäme. Nicht gerade Verbindung schaffend “
Gewaltfreie Kommunikation schlägt einen Ebenenwechsel vor: von der Analyse darüber, was andere falsch machen hin zu dem, was wir fühlen und brauchen. Dazu, die Verantwortung für unsere Gefühle zu übernehmen und damit auch dafür, dass sich unsere Bedürfnisse erfüllen.
Gewaltfreie Kommunikation ist eine Prozesssprache: Wir verbinden uns einfühlsam mit uns selbst und anderen und fragen uns, was im Moment in uns und den anderen lebendig ist.
„Schuldgefühle führen dazu, dass Menschen denken, sie seien nicht in Ordnung so, wie sie sind – und das hilft niemandem. Es ist notwendig, die Trauer zu spüren, wenn man etwas gemacht hat, was bei anderen Menschen Leid auslöst. Schuldgefühle habe ich im Kopf, Traurigkeit und Bedauern findet im Herzen statt. Um zu trauern bedarf es einer echten Liebe zum Leben. Man empfindet tiefe Traurigkeit darüber, dass das, was man getan hat, nicht zum Leben beigetragen hat. Wenn du diesen Schmerz an dich heran lassen kannst, wirst du dich nicht hassen und du wirst auch nicht die Verantwortung dafür zurückweisen, du wirst tief trauern. Trauer und Schuld unterscheiden sich voneinander wie Tag und Nacht.“ (M. Rosenberg)
Zur Unterstützung dieses inneren Transformationsprozesses vom Urteilen im Kopf hin zum Fühlen im Herzen hat Marshall Rosenberg das Modell der vier Schritte entworfen, mit dem das ansonsten sehr unbewusste Verurteilungsmuster in uns genauer beleuchtet werden kann. Was bedeutet es, zwischen Bewertung und Beobachtung einer Situation zu trennen? Was fühle ich in bestimmten Situationen, wenn ich mal unter meine Gedanken tauche? Welche Bedürfnisse sind von mir nicht erfüllt und um was möchte ich den anderen bitten, wie kann er mich unterstützen, damit meine Bedürfnisse erfüllt werden?
Dabei ist es notwendig, unseren Wortschatz (im Denken und Sprechen) zu entrümpeln: Worte wie richtig, falsch, gut, schlecht, normal, unnormal, kompetent, inkompetent können wir entsorgen, weil sie statisch sind. Durch eine statische Sprache macht man aus Menschen leblose Dinge und wenn man Menschen zu einem solchen Denken erzieht, dazu, dass es richtig und falsch, gut und böse gibt, dann ist diesem Denken inhärent, dass es ganz oben eine Autorität gibt, die weiß, was richtig und falsch ist.
Macht über Menschen zu haben war ein angemessenes Ziel für den Beginn der Industrialisierung, für die Fließbandproduktion, wo die Funktion der Arbeiter vornehmlich darin bestand, reibungslos zu funktionieren, aber es ist entschieden nicht angemessen für eine demokratische Gesellschaft. (M. Rosenberg)